Geschichte

Gründung und Namensgebung 1911-1912

Die Geschichte der Menschen, die hier in kurzer Form erzählt werden soll, kann nicht getrennt werden von der Geschichte ihres christlichen Glaubens. Als im Zuge der Reformation im frühen 16. Jahrhundert unter den führenden Persönlichkeiten der Bewegung Spannungen wegen der Trennung von Kirche und Staat und der Form der Taufe (Kindertaufe) auftraten, entstand neben den Volkskirchen die Bewegung der „Täufer“. Vor allem in Norddeutschland breitete diese sich schnell aus, erfuhr jedoch bald radikale Ablehnung und Verfolgung. Um dieser zu entgehen zogen zahlreiche „Mennoniten“ (nach dem Täuferbischof Menno Simons (1496-1561)) aus den Niederlanden und Norddeutschland in den Osten, zunächst in die Märsche der Ostsee und der Weichselmündung, dann Ende des 18. Jahrhunderts nach Russland.

Menno Simons

Nachkommen dieser Täufer gründeten in Russland zwischen 1788 und 1860 so genannte Kolonien (Chortitza, Molotschna, Am Trakt und Alexandertal) mit jeweils zahlreichen Dörfern. Schon in der dritten Generation der mennonitischen Einwanderer wurde jedoch Landmangel spürbar. Da die Wirtschaften, die eine Standardgröße von 65 ha hatten, in der Regel nicht aufgeteilt werden durften und das Pachtland in der Regel nicht den weniger Bemittelten zugänglich war, musste eine Lösung für dieses immer akuter werdende sozial-wirtschaftliche Problem gesucht werden. Man fand diese Lösung in der Gründung von Tochterkolonien. Die Ländereien für diese Neusiedlungen wurde mittels eines dazu gegründeten Fonds von der ganzen Kolonie erstanden, und an die Neusiedler unter günstigen Bedingungen verkauft.

Der Auswanderungsweg unserer Vorfahren vom großen schwarzen Kreis bis zum kleinen Kreis wird über die leicht unterbrochene roten Pfeillinie angezeigt.

Etwa im Jahr 1903 siedelte Johann Peters mit seiner Frau Susanne (geb. Dyck) und ihren Kindern aus der deutschen Kolonie Chortitza in der Ukraine, in das neue Siedlungsgebiet Orenburg, in das Dorf Dejewka (benannt nach dem Gutsbesitzer Dejew, dem das Land abgekauft wurde) um.

Die Familie von Johann und Susanne Peters. Foto 1906

Unter schwierigen klimatischen Bedingungen baute die Familie ein Haus und lebte von der Landwirtschaft und Viehzucht. Später betrieb Johann Peters gemeinsam mit einem seiner Söhne, eine Dampfmühle. Da es die einzige Mühle in der Umgebung war, lief das Geschäft gut, was jedoch auch Neider auf den Plan rief. So fiel die Mühle 1911 einer Brandstiftung zum Opfer. Ein Abschnitt ihres Lebens war abgeschlossen. Der Vater, Johann Peters machte seinen fünf verheirateten Kindern den Vorschlag, nach Land zu suchen, das näher an einer Eisenbahnstation lag, und noch einmal ganz neu zu beginnen. Nach einer Zeit des Gebets bekam die Familie die Überzeugung, die Pläne des Vaters umzusetzen.

Agatha Schwarz und Paul Peters

 

Sara Schwarz und Johann Peters
Dahl Peter und Susanne Peters

 

Abram Willer und Katharina Peters

 

Hildebrandt Dietrich und Maria mit ihren Töchtern

Bald fand sich ein Landgut von ca. 600 Desjatin (1 Desjatin = 1,09 Hektar, ein Hektar entspricht 10.000 Quadratmetern). Es schien vom Preis her günstig zu sein und lag ca. 15 km von der nächsten Bahnstation Platowka entfernt. Im Süden war das Land von einem kleinen Wald umgeben und ein Talweg führte im Westen vorbei. Bis zum Fluss Kuway waren es ca 2 km. Noch 1911 wurde mit dem Landbesitzer Biberstein ein Kaufvertrag abgeschlossen, ein Teil der Summe sollte sofort bezahlt werden, der Rest wurde in den kommenden Jahren in mehreren Raten fällig.

Der gekaufte Landstreifen von ca. 600 Hektar, den die Familie Peters im Jahre 1911 von Herrn Biberstein gekauft hat.

Während der Wintermonate sollten die Vorbereitungen für die Umsiedlung getroffen werden: die Wirtschaft und das Land in Dejewka mussten verkauft werden, Baumaterial besorgt und Arbeiter für den Aufbau der Häuser gefunden werden.

Kurz vor der Umsiedlung, am 01.05.1912, verstarb die Mutter der Großfamilie, Susanne Peters im Alter von nur 54 Jahren. Von den 14 Kindern, die Susanne Peters geboren hatte, waren vier im Säuglings- oder Kleinkindalter gestorben. So fand die Übersiedlung von Dejewka auf das neuerworbene Landstück nach der Beerdigung statt.

Das Land und der Bau der Häuser wurde mit einem Gebet von Johann Peters eingeweiht und der neu entstehende Ort, zur Ehre und Erinnerung an die verstorbene Ehefrau und Mutter Susanne – Susanowo genannt.

Das erste in Susanowo gebaute Haus gehörte dem Vater, Johann Peters. Das zweite dem Sohn Paul Peters mit seiner Ehefrau Agathe (geb. Schwarz), dann folgten die Häuser von Dietrich und Maria (geb. Peters) Hildebrand, Peter und Susanne (geb. Peters) Dahl, und Abram und Katharina (geb. Peters) Willer.

Die Aufbaujahre 1912-1917

Der große Stall mit einem hohen Dach, und einer angebauten großen Scheune, verriet die für deutsche übliche Bauweise. Zur Straßenseite hin, im Winkel zum Stall wurde ein kleines, provisorisches Wohnhäuschen gebaut. Später sollte an dieser Stelle ein großes Wohnhaus entstehen. Die Pläne wurden durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 vereitelt, denn die jungen Männer wurden zum Militärdienst einberufen. Nach zuverlässigen Schätzungen dienten in der russische Armee um die 300.000 russischen Staatsbürger deutscher Herkunft als Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere. So leisteten im Jahr 1917 ca. 15.000 Mennoniten Sanitätsdienst in den Lazaretten und Spitälern der russischen Armee. Von den Männern im Dorf blieben nur der alte Vater Johann Peters und sein Sohn Johann, der aus gesundheitlichen Gründen nicht einberufen wurde. Da alle Familien ausschließlich von der Landwirtschaft lebten, fehlten nun plötzlich die wichtigsten Arbeitskräfte. Am 25. März 1916 starb der Gründer des Dorfes Susanowo, Johann Peters im Alter von 66 Jahren. Nach der Machtergreifung der Bolschewiki im November 1917 (Oktoberrevolution) und dem Ende des ersten Weltkrieges kamen alle Männer nach Susanowo zurück.

Missionsfeld 1918-1930

In Dejewka bekam Johann Peters jun. einmal eine Vision, in der Jesus ihm seine durchbohrten Hände entgegenstreckte und ihn fragte: „Dies tat ich für dich, was tust du für mich?“ Johann verstand die Frage sofort und antwortete: „Herr ich bin bereit deine Botschaft auch anderen weiterzusagen.“ Als er seiner Frau Sara von diesem Erlebnis erzählte, war auch sie bereit mit ihm den Weg in die Mission zu gehen. So verkauften sie ihren Hof und gründeten 1912 zusammen mit Johanns Vater und Geschwistern das Dorf Susanowo. Hier bauten sie vorerst kein Haus, da sie sich darauf vorbereiteten in die Mission zu gehen.[1] Leider fiel es den Verwandten zunächst sehr schwer den Entschluss von Johann und Sara, in die Mission zu gehen, nachzuvollziehen. Nach der Meinung von den Verwandten wäre es sinnvoll gewesen, wenn Johann und Sara den Erlös von ihrem Hausverkauf in den Dorfaufbau von Susanowo investiert hätten.[2] Allerdings ließ sich das Paar nicht so leicht von ihrem Entschluss abbringen und so bewarben sie sich im Winter 1912 um die Aufnahme an einer Allianz Bibelschule in Berlin. Diese Bibelschule hatte es sich zum Ziel gesetzt in Osteuropa zu missionieren. Auf ihre Anfrage erhielten sie eine positive Antwort. Die Verwandten boten an, trotz ihrer abweichenden Meinung zu den Missionsplänen, sich um Johann und Saras Kinder zu kümmern. So blieben die fünfjährige Susanne und die dreijährige Sara während der Zeit des Studiums ihrer Eltern bei den Verwandten.  Im Frühling 1913 begaben sich Johann und Sara auf den Weg nach Deutschland. Während Johann theologisch ausgebildet wurde, erwarb Sara in Berlin die medizinische Qualifikation einer Hebamme.[3]

Johann und Sara Peters im Jahre 1913 während ihrer Bibelschulzeit in Berlin

[1] Aus den Berichten eines Susanowotreffens. 

[2] Dick, David: Ein Weinberg an einem lieblichen Ort. Susanowo (1911-2011). Steinhagen, 2014. S. 22-23.

[3] Reimer, Johannes: Bis an die Enden Sibiriens. S. 23.

Nach einem Jahr besuchten sie in den Sommerferien ihre Familien in der Orenburger Ansiedlung, was zu einer großen Freude des Wiedersehens führte. Auf der Fahrt nach Dolinowka/Nr. 9 zu den Eltern von Sara trafen sie den Missionar Karl Benzien. Dieser bat Johann mit ihm zu den Ostjaken nach Sibirien mitzukommen. Jedoch lehnte Johann ab, da er sich vorbereitete nach Afrika zu gehen. Darauf entgegnete ihm Benzien: „Gott wird es regeln“. Die Sommerferien gingen schnell vorbei und Johann und Sara trafen Vorbereitungen, da sie im kommenden Semester nach England gehen wollten, um Kenntnissen im Umgang mit anderen Völkern und Stämmen zu sammeln, die Götzen anbeteten. Im Jahre 1914 brach der erste Weltkrieg aus und durchkreuzte diese Pläne, da sie das Land nicht mehr verlassen durften.[1] Der Heilige Geist bewegte Johann und Sara zu einem ganz konkreten Gebet, in dem sie ihren Herrn baten, dass er ihnen einen Menschen schicken sollte, durch den sie die Klarheit bekämen, wohin sie gehen sollten. An einem Sontag befand sich Johann in Pokrowka, das 20 Km von Susanowo entfernt lag, auf einen Gottesdienst. Er organisierte dort für die deutschen Kriegsgefangenen Gottesdienste. Dort tauchte plötzlich ein alter Mann auf, in dem Johann den Missionar Karl Benzien wiedererkannte. Er fragte ihn: „Karl wo kommst du her?“ Worauf dieser ihm antwortete: „Aus der weiten sibirischen Taiga. Ich war bei den Völkern, die dort leben. Sie warten. Kommst du jetzt mit mir?“ Johann erinnerte sich an das Gebet, in dem Gott ihnen zeigen sollte, wo ihr Missionsfeld liegen würde. Deshalb antwortete Johann still und sanftmütig: „So wie es dem Herrn gefällt.“

Nachdem Johann und Sara 1918 beschlossen hatten nach Ostjakutien zu gehen, schlossen sich ihnen noch einige weitere Familien an. Am 18. Mai 1918 versammelte sich das ganze Dorf Susanowo, um von den 13 Missionswilligen (Johann und Sara Peters mit Helene Peters kamen aus Susanowo die andere aus der Dejewer Ansiedelung) und deren Familien Abschied zu nehmen. Johann und Saras Kinder waren zu dem Zeitpunkt die 10-jährige Susanne, die 8-jährige Sara, der 3-jährige Johann und die 1-jährige Frieda. Da die Eisenbahn von Orenburg zerstört worden war, mussten sie gezwungenermaßen mit Pferden ins 300 Km weit entfernte Baschkirien zur Transsibirischen Eisenbahn reisen. Was nicht ungefährlich war, da in dieser Gegend Räuberbanden ihr Unwesen trieben. Doch Gott hielt während des viertägigen Ritts und auch auf der weiteren Reise seine schützende Hand über sie.[2]

Das Missionsteam unter der Leitung von Johann Peters gründeten in Sibirien mehrere Gemeinden und Missionsstationen. Während dieser Zeit lernten Johann und Sara die Ostjakische Sprache um mit den Urvölkern besser zu kommunizieren.

Nachts im März 1930 wurden sie gewarnt: „Ihr müsst unbedingt fliehen!“ Ihr jüngster Sohn Peter war zu dem Zeitpunkt erst zwei Monate alt. Sie entschieden sich zur Flucht und kamen im Sommer nach einer beschwerlichen Reise in Susanowo an, wo sie wieder freundlich aufgenommen wurden und damit endete ihre 12-jährige Missionsarbeit.[3]

Die Familie von Johann und Sara Peters. Sara steht hinter ihren Eltern, vorne steht Johannes neben seiner Mutter und seiner Schwester Helene, während Maria neben ihrem Vater steht

[1] Dick, David: Ein Weinberg an einem lieblichen Ort. S. 23-25.

[2] Ebd. S. 30-31.

[3] Dick, David: Ein Weinberg an einem lieblichen Ort. S. 58-60.

Der Übergang 1917-1930

Aufgrund der unsicheren politischen Situation, wurden die ursprünglichen Pläne, die Häuser zu erweitern, aufgegeben. Unter teilweise schwierigen Bedingungen verlebte die kleine Dorfgemeinschaft die kommenden Jahre. In Haus von Johann Peters wurde eine Dorfschule eingerichtet, die am Wochenende und abends als Kirche genutzt wurde. „Die Mädchen durften nur vier Jahre zur Schule gehen, bis sie 12 Jahre alt waren. Die Jungen gingen bis sie 14/15 Jahre alt waren. Diese Schulpflicht hatte die Ansiedlung von der Mutterkolonie mitgebracht und sie wurde auch fortgesetzt. Die Kinder wurden nach Schulbüchern unterrichtet, die aus der Mutterkolonie kamen, aber die ersten vier Jahre nur in Deutsch. Die russische Sprache, als Fremdsprache, kam erst nach der vierten Klasse.“ Unterrichtet wurden die Kinder unterschiedlicher Jahrgänge in einem Klassenraum. Auch zahlenmäßig wuchs das Dorf in diesen Jahren, so zogen etliche Familien ins Dorf und bauten neue Häuser. Es zogen aber auch etliche Familien weg und verkauften ihre Häuser.

Zwangskollektivierung und der Stalinismus 1930-1941

Von der Regierung wurde der Druck immer stärker, die privaten Wirtschaften der Bauern zusammenzulegen und gemeinsam zu bewirtschaften. Um den Repressalien der Behörden zu entgehen, schlossen sich die Familien des Dorfes 1930 zur Kolchose (Kollektivwirtschaft) zusammen. Da der Prozess friedlich verlief und die Menschen sich einig waren, nannten sie ihre Kolchose „Einigkeit“. Was nach außen nach einer freiwilligen Handlung aussah, war im Grunde eine Enteignung der Bauern, denn neben dem abzutretenden Grundbesitz und Gebäuden wurden auch alle Pferde und Kühe der Einwohner an die Kolchose „abgegeben“. Die Menschen arbeiteten viel. Aber 1931, 1932 und 1933 war es sehr trocken und es gab fast keine Ernte. Der Staat half in diesen Jahren viel mit Getreide und Lebensmitteln, trotzdem gab es viele Schwierigkeiten. Die schwerste Landarbeit wurde mit Pferden und Ochsen ausgeführt. Die Garben mussten die Frauen von Hand binden. 1932 wurde eine Kuhfarm (Milchwirtschaft) organisiert.

Zu Beginn der 1930er Jahre wurde in einem Schuppen aus Lehm die erste Schmiede eingerichtet. Etwa zur gleichen Zeit ergab sich die Gelegenheit einen Motor zu erwerben. Dieser wurde von Isaak Braun repariert und tagsüber zum Getreide dreschen und nachts zum Antrieb einer Getreidemühle eingesetzt. Diese Aufteilung war nötig, da der Hunger die Menschen zwang die neue Ernte sofort in Mehl zu verwandeln.

1935 wurde bekannt, dass in Sorotschinsk eine Ölpresse zu verkaufen war. Diese war von den Eigentümern Jahrelang unter Mühl versteckt worden, um der Enteignung zu entgehen. Nachdem man sich über den Preis einig war, wurde diese auf den Ochsenkarren verladen nach Susanowo gebracht. Die von der Firma Lepp und Wallmann in der Ukraine hergestellte Ölpresse war, in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht, bis in die 1980er Jahre im Betrieb.

Das Gebäude im welchem die Ölpresse und die Getreidemühle untergebracht waren. Baujahr 1935

In den 1930er Jahren setzte auch langsam die Technisierung der Landwirtschaft ein, so kamen 1936 die ersten Traktoren und ein Jahr später die Mähdrescher (genannt Kombajn) ins Dorf.

Anfang 1937 setzte eine Welle der Verhaftungen ein. Die meisten Männer des Dorfes von der UNKWD (der Gebietsverwaltung Orenburg des Innenministeriums) abgeführt und nur etliche Monate später anhand gefälschter Beweismittel für angebliche Mitwirkung in einer konterrevolutionären Organisation zur Höchststrafe durch Erschießen verurteilt. Zurück blieben zwölf Ehefrauen und Mütter mit ihren zahlreichen Kindern. Vom Schicksal der Väter erfuhren sie erst in den 1970er Jahren. Erst in den 1980er Jahren wurden die Männer rehabilitiert.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden auch fast alle der übrig gebliebenen Männer und die herangewachsenen Jugendlichen in die so genannte Trudarmee (Arbeitsarmee) eingezogen. Unter unmenschlichen Bedingungen mussten sie in Fabriken in Orsk und Tscheljabinsk arbeiten. Viele von ihnen sind dort verhungert oder vor Erschöpfung gestorben.

Um die Arbeit in der Kolchose zu verrichten, wurden die Frauen bei allen anfallenden Arbeiten eingesetzt. Selber kaum etwas zu essen, mussten die auferlegten Normen erfüllt und die geforderten Mengen unterschiedlicher Lebensmittel abgeliefert werden.

Neubeginn nach dem Krieg und Leben bis in die 1990er Jahre

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stabilisierte sich die Situation der Einwohner etwas. So wurde 1949 das erste Kraftwerk erbaut, das das Dorf mit elektrischen Strom versorgte. Durch einen Zusammenschluss mit den Nachbardörfern wurde die Kolchose erweitert und bot so immer mehr Menschen einen Broterwerb. Durch die zunehmende Technisierung wurde die schwere Landarbeit etwas erleichtert. Nachdem es Jahrzehntelang nur eine Grundschule gegeben hatte, wurde 1975 eine Schule gebaut, mit der Möglichkeit nun acht Klassen im Dorf zu absolvieren.

Ein Postamt, ein Geschäft zum Einkaufen und eine „Erste Hilfe Station“ zur medizinischen Grundversorgung wurden mit den Jahren eingerichtet. Auch privat konnten sich die Menschen zunehmend mehr leisten. So erwarb man zuerst ein Motorrad und später auch häufig ein Auto. Die Häuser waren mit fließendem Wasser eingerichtet (das auch in den 1980er Jahren auf dem Dorf nicht selbstverständlich war), und in 1987 wurde das Dorf an die Gaspipeline angeschlossen und versorgte so die Haushalte mit Erdgas zum Heizen. Dieses war in dem kontinentalen Klima mit Temperaturen bis zu -40°C ein großer Komfort und eine riesengroße Erleichterung.

Links auf Bild mit den vergitterten Fenstern ist der neue Dorfladen und in der Mitte im kleineren Gebäude befindet sich das Postamt

 

Postamt. Natalia Grunau geb. Ens wiegt ein Packet ab.

Am Ende der 1980er Jahre lebten im Dorf fast eintausend Einwohner.

Nach den politischen Umbrüchen in der Sowjetunion, ergab sich für die Deutschen die Möglichkeit auszureisen, was die Mehrheit der Einwohner des Dorfes Susanowo, in nur drei Jahren zwischen 1988 und 1990, nutzte. Bis zum Ende des Jahres 1990 wanderten 192 Familien mit 840 Personen in die Bundesrepublik Deutschland aus. In Deutschland siedelten die ehemaligen Susanower an verschiedenen Orten an, überwiegend in Detmold, Nümbrecht, Waldbröl, Schieder-Schwallenberg, Bad-Salzuflen, verstreut. Aber auch hier trifft man sich immer wieder gerne. Immer wieder finden kleine Treffen statt – mal sind es die ehemalige Jugend der 60er und 70er Jahre, mal sind es Klassentreffen. In unregelmäßigen Abständen finden große Susanowo-Treffen statt. Für viele ein sehr willkommene Möglichkeit sich wieder zu sehen.

Im Laufe der Zeit sind einige Familien weitergezogen und in solche Länder wie Kanada und Bolivien ausgewandert. Ein paar Familien sind im Laufe der Zeit wieder in die alte Heimat zurückgekehrt.

Einzelne Geschwister aus Susanowo sind in verschiedenen Ländern auf dem Missionsfeld, z.B. Ehepaar Johann und Anna Friesen in Bolivien, Familie Andreas Dück in Brasilien oder Familie Klaus Dick, die seit Herbst 2015 in Susanowo und in dem Gebiet Orenburg dem Herrn Jesus Christus und den Menschen dienen.

Familie Dück

 

Familie Dick

Einige Daten

1989 – Errichtung des Grabmals für Dorfgründer Johann Peters

2005 – Eröffnung eines Denktafel auf dem alten Friedhof

2011 – Eröffnung Denkmal 

Zeittafel zur Geschichte der Russlanddeutschen (Quelle: „Deutsche aus Russland gestern und heute“ Seite 21-24)

Literaturverzeichnis