Johann Kehler wurde am 17. Mai 1897 in der Familie von Johann und Margarethe Kehler in Nikolajewka Nr. 6, Gebiet Orenburg, geboren. Während des Ersten Weltkriegs im Jahre 1917 leistete Johann in Moskau den Sanitäterdienst, zu dessen Aufgaben die Pflege und Versorgung der verwundeten Soldaten gehörte.
Während dieser Zeit besuchte er dort die Versammlungen der Gläubigen. Johann erinnerte sich, wie er mit einem Bruder im Gottesdienst saß, als auf einmal im Saal ein General hereinkam. Nun wurde die Situation für die beiden Soldaten brenzlig. Sie bekamen Angst und wussten nicht, welche Strafe auf sie zukommen würde. Dem General entgingen die ängstlichen Blicke der Soldaten natürlich nicht. Er ging in die Garderobe und hängte seinen Kittel an den Nagel. Dann sagte er zu den Soldaten: „Dort an dem Nagel hängt der General und hier ist euer Bruder,“ und setzte sich zu ihnen. Das war eine große Ermutigung für die beiden.
Nach dem Dienst stieß Johann auf eine Gruppe Gläubiger, die sich für die Ost-Jakutienmission vorbereiteten, und schloss sich ihnen an. Es waren Karl Benzin, Johann und Sara Peters mit vier Kindern, Paul und Klara Beer mit ihren zwei Töchtern. Die letzte Familie stammte aus Deutschland; Paul war vom Beruf Arzt. Johann Peters und Paul Beer kannten sich noch aus der Allianz-Bibelschule in Berlin. Am 18. Mai 1918 gingen Johann Kehler und seine zukünftige Frau, damals noch nicht mal befreundet, mit dieser Gruppe in die Mission nach Sibirien. In der Orenburger Gegend waren die Eisenbahnschienen gesprengt und es gab keine weitere Zugverbindung in den Norden. Sie riskierten eine sehr beschwerliche Reise von 300 km bis zum Bahnhof Abdulina in Baschkirien. In den Steppen konnte man mit Banditen und Straßenräubern rechnen. Diese Strecke erreichten sie in vier Tagen mit Pferdewagen.
wir freuen uns, Euch herzlich zu unserem nächsten Dorftreffen einzuladen! Lasst uns gemeinsam einen schönen Tag voller Begegnungen, Gespräche und Gottesdienst verbringen.
am 9. Dezember feiern wir ein sehr besonderes Jubiläum in Susanowo – vor genau 40 Jahren wurde das große, neues Bethaus im Dorf eingeweiht. Es war damals im Gebiet Orenburg das größte und erste Gotteshaus, das nach vielen Jahren wieder neu errichtet werden durfte. Andere Bethäuser waren kleiner und oft an Privatgebäude angebaut, weil die kommunistische Regierung den Bau neuer Häuser mit allen Mitteln verhindern wollte.
In Susanowo herrschte große Not, da immer mehr Menschen zum Glauben fanden und das alte Haus für die wachsende Gemeinde zu klein wurde. Doch dann geschah – man kann es wirklich so nennen – ein Wunder! Die Gemeinde baute ein wunderschönes und großes Haus.
Nach einer langen und nervenaufreibenden Zeit mit vielen kritischen Phasen kam endlich der große Tag! Gott sei Dank!
Ich erinnere mich noch sehr gut an die Einweihung. Ich war damals 12 Jahre alt, doch dieses Ereignis hat sich tief im Gedächtnis eingebrannt. Die allgemeine Vorfreude und festliche Erwartung des großen Tages übertrugen sich auf alle, auch auf uns Kinder. Tief bewegt verfolgte ich den Gottesdienst. Als die Ältesten nach vorne traten, die Hände erhoben und dem HERRN dankten und um Segen beteten, erreichte die Feierlichkeit ihren Höhepunkt. Ergriffen lauschte ich mit allen anderen diesen Gebeten. Die Nähe unseres Gottes war spürbar und in dieser Feierstunde fast greifbar.
David Dick beschreibt diese Feier und die Details des Baugeschehens in seinem Buch „Ein Weingarten an einem lieblichen Ort“. Einen Auszug füge ich weiter unten ein.
Unter Bethaus Bau gelangt man zur Fotos aus der Zeit des Baus.
Viele Grüße David Grunau
Einladungskarte zur Einweihung
Am Samstagabend vor dem Fest eröffnete Peter Ens den Gottesdienst mit einer Lesung aus Matthaus 5, 6: „Selig sind, die da hungert und durstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.“ W.F.Serpewskij sprach in seiner Predigt über das Wort aus 1. Samuel 7, 12: „Bis hierher hat uns der Herr geholfen“. Die Abschlusspredigt brachte A.E.Klimenko über den Text aus Apostelgeschichte 9, 36-42 und betonte dabei besonders die Taten der Barmherzigkeit. Am 9. Dezember 1984 fing morgens früh die langersehnte Bethauseinweihungsfeier an. Das Bethaus stand nun leicht erhöht mitten im Dorf. Man vermutet, dass seinerzeit an genau diesem Ort der Dorfgründer und seine Familie in der offenen Steppe ihre Knie gebeugt und um Segen gebetet hatten. Es war noch dunkel, aber die Autos mit den Gasten, der Großteil davon kam aus den deutschen Dörfern, kamen eins nach dem anderen am Bethaus vorgefahren. Der Saal füllte sich sehr schnell. Der große Chor von etwa hundert Leuten lobte Gott mit lauter Stimme.
Die lieben Gaste, die sonst selten da waren und von denen viele schon am Samstag zum Gottesdienst gekommen waren, besetzten alle Platze auf der Bühne hinter der Kanzel. Es gab auch viele Gaste, die sonst nicht zum Gottesdienst gingen. Dieses Mal erfreuten uns auch Besucher aus dem Bezirksexekutivkomitee. Wir machten uns schon keine Sorgen mehr darüber, mit welcher Absicht sie gekommen waren, wir wussten nur, dass sie das Wort Gottes hören würden, und dieses kehrt nicht leer zurück. Der Gottesdienst wurde feierlich mit Psalm 111 eröffnet: „Halleluja! Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen im Rate der Frommen und in der Gemeinde. Groß sind die Werke des Herrn; wer sie erforscht, der hat Freude daran.“
Viele Brüder brachten Grußworte, die sich abwechselten mit dem Gesang des Chors und von Duetten und mit Gedichten, die rezitiert wurden. In den Pausen und vor Beginn der Gottesdienste spielten abwechselnd unsere Orchester. Besonders rührend und beeindruckend war es, als die ganze Versammlung aufstand und sieben Bruder mit erhobenen Händen beteten und für das geschenkte Haus dankten. Das wichtigste war aber, dass sie darum baten, dass das lebendige Haus, die Gemeinde Christi weiterhin wachsen und gebaut werden möge. Der erste Bruder von links war Daniel Janzen aus Donskoje.
Sie sollen reden von deiner hohen, herrlichen Pracht und über deine Wunder nachsinnen.“
Nun kam die Zeit, darüber nachzudenken, wie wunderbar Gott uns aus allen schwierigen Situationen herausgeführt hatte. Mir kommt da diese Nacht in Erinnerung und die Situation, aus der es scheinbar keinen Ausweg gab und die Frage an Gott: „Wie wirst du uns aus dieser Lage befreien?“ und das wunderbare, ermutigende Lied: „Ich werde dich noch preisen“. Jetzt kam wirklich die Zeit des Preisens! Wie sehr hatte Gott uns gelehrt unsere Wege und Angelegenheiten ihm anzuvertrauen! Er hatte uns gelehrt, geduldig darauf zu warten, wie er unsere Sache hinausfuhren wurde! Wie stark hatte er in uns den Glauben verwurzelt, uns gelehrt, finanzielle Mittel und Zeit zu opfern und wie viele Menschen für die Arbeit inspiriert. Bei der Gemeindemitgliederversammlung, die vor diesem Fest stattgefunden hatte, sprach Jakob Letkemann auf sehr rührende und beeindruckende Weise über die Arbeit für Gott. Er ließ schweigend seinen fragenden Blick über die erwartungsvolle Gemeinde wandern und sagte dann: „Das Haus ist fertig! Wer die goldene Bauzeit verpasst und wenig gearbeitet hat, für den ist es jetzt zu spät – das Haus ist fertig!“ Nun lag das alles hinter uns, und wir feierten sorglos. Mittags machten wir eine Pause von eineinhalb Stunden. Wir teilten die ganze Menschenmenge auf und nahmen sie zum Mittagessen mit in unsere Hauser, worauf sich unsere Hausfrauen schon im Voraus gründlich vorbereitet hatten. Jeder Hausherr trug die Verantwortung für seine Gaste, damit diese nach der Pause rechtzeitig und satt wieder zum Gottesdienst kamen. Das Programm war so vielfaltig, dass das Fest bis zum Abend dauerte.
Im Jahr 1918 fuhren die ersten drei Missionare aus Susanowo Johann und Sara Peters mit Johanns Schwester Helene und Johann Keller aus Nr. 6 auf Einladung von Karl Benzien in die Taiga, um zu missionieren. Zu Beginn des Sommers 1924 machten sie einen Heimaturlaub in Susanowo. Diese Zeit nutzten die Missionare und fuhren in die Orenburger deutsche Siedlung, um den Menschen von ihrer Arbeit zu berichten und sie für das Missionsfeld zu gewinnen.
Im Frühling 1925 versammelte Johann Peters alle, die sich bereit erklärt hatten, dem Ruf zu den Ostjaken zu folgen. Da war eine Witwe, die Schwester von Johann Kehler aus Nr. 6 Nikolaewka, die Susanne hieß und die die Bibelschule auf der Krim absolviert hatte. Dies war sehr wertvoll für die Arbeit mit Menschen. Johann Rempel hatte die Bibelschule in Karagui absolviert und besaß schon Erfahrung in der Gemeindearbeit. Vor der Abreise heirateten die Beiden.
Viele von euch haben wahrscheinlich schon die Bücher „Bis an die Enden Sibiriens“ und „Ein Weingarten an einem lieblichen Ort“ gelesen. Wenn nicht, möchte ich euch diese wärmstens empfehlen.
Diese Werke erzählen die spannende Geschichte des Rufes Gottes in die Mission nach Sibirien. Einige Familien und Einzelpersonen, auch aus Susanowo, folgten diesem Ruf. Im Jahr 1930 mussten die Missionare Sibirien aufgrund von Verfolgung verlassen und kehrten in ihre Heimat zurück. Viele Jahre lang, eigentlich bis vor Kurzem, gab es keine Informationen darüber, welche Spuren und Früchte ihrer Arbeit geblieben sind. Nur unser HERR weiß es! Aber nun hat mich eine aufregende Geschichte erreicht. Heutige Missionare, die in diesen Gebieten das Wort Gottes verbreiten, erzählen, was sie dort über die Missionsarbeit unserer Leute aus Susanowo vor rund 100 Jahren erfahren haben. Wir planen, dieses Thema demnächst ausführlich aufzuarbeiten und mehr darüber zu berichten.
Das bekannte Zitat „wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten“ bringt es zutreffend auf den Punkt.
Wir sollten unsere Vergangenheit und Geschichte kennen und beachten. Folgenden Text von David Block zum Nachdenken möchte ich hier gerne teilen.
Und sprach zu den Israeliten: Wenn eure Kinder später einmal ihre Väter fragen: Was bedeuteten diese Steine? Jos 4,21
Liebe Susanover,
vielleicht geht es einigen so wie mir. Man wird älter, was keiner von uns vermeiden kann. Außerdem denk man über einiges nach: „Was hinterlasse ich meiner Familie?“, oder „Was was muss ich aufräumen?“ So erinnert mich meine Frau Lydia, an die Bücher, die sich mit der Zeit angesammelt haben, die ich dann sortieren wollte. Dann fiel mir das Buch: „Ein Weinberg an einem lieblichen Ort“ von David Dick in die Hände, welches ich auf Russisch schon einmal gelesen habe. Ich nahm das Buch aus dem Regal und las es erneut durch. Beim Lesen viel mir auf wie viel Zeit, Mühe und Arbeit darin steckt. Es ist alles sehr genau beschrieben und mit genauen Daten belegt. Außerdem merkte ich wie viel Liebe der Autor gehabt haben muss, um diese 100 Jahre genau zu beschreiben. Mir wurde bewusst, wie unser Gott die Bewohner von Anfang an gesegnet hat und ihnen ganz viel Liebe bewiesen hat. Er zeigte sich als ein tragender Gott. Nachdem ich das Buch erneut gelesen habe, finde ich es sehr schade, dass unsere Kinder, die heute noch nicht nach der Geschichte unseres Dorfes fragen, später aber gerne mehr darüber erfahren wollen, wenn wir vielleicht nicht mehr da sind, nichts mehr darüber erfahren, weil ich das Buch noch nicht in der deutschen Sprache angeschafft habe. Als ich dann mit meiner Frau sprach, waren wir uns einig, dass wir das Buch gerne auch in Deutsch haben würden.
Mein Appel an unsere Generation wäre also, sich das Buch auch in Deutsch anzuschaffen, damit die Geschichte unseres Dorfes Susanowa nicht vergessen wird. Denn es war Gottes Geschichte mit uns.
Nachdem Klaus und Lisa Dick wieder aus Russland zurückgekehrt sind, bleiben sie dennoch mit den Gemeinden dort verbunden und setzen sich im Reiche Gottes weiter ein. Im Mai fuhr Klaus wieder dorthin, um einige Dienste zu verrichten. Vom 15. Mai bis zum 18. Mai fand in Tülgan eine Jugendkonferenz mit ca. 200 Jugendlichen zum Thema „Nachfolge“ statt.
15.-18. Mai 2024 trafen sich Gemeindediener in Orsk zu einer Konferenz. Da Orsk sehr unter dem Hochwasser im Frühjahr gelitten hat, beschlossen die leitenden Brüder aktiv bei der Renovierung des beschädigten Bethauses zu helfen.
Zu sehen sind das massive Hochwasser und die Schäden, die dadurch am Bethaus entstanden sind.
Susanne hat ihrem Enkel und den Kindern über sich folgendes erzählt:
Ich wurde am 08.08.1939 in Pokrowka im Gebiet Orenburg als siebtes von insgesamt 8 Kindern von Susanne und Johann Rempel geboren. Im Alter von 2 Jahren wurde mein Vater in die Trudarmee eingezogen, ich kann mich nicht an ihn erinnern. Aufgrund der Unsicherheit des Krieges und unserer Nähe zur Bahnlinie schlug mein Vater in einem Brief vor, dass wir zu der Familie meiner Mutter ziehen sollten. Daher entschieden wir uns im Jahr 1942 nach Nikolaewka in das Dorf Nummer 6 zu ziehen, zu meiner Oma und den Geschwistern meiner Mutter. Meine Mutter wurde nicht in die Trudarmee eingezogen, da meine jüngste Schwester Helene noch nicht einmal ein Jahr alt war.
Heute kommt ein besonderer Weihnachtsgruß von Johann Janzen (16.06.1899 – 19.03.1944). Er war eine kurze Zeit Lehrer in Susanowo. Aus seinem Nachlass sind aus der Zeit von Johanns Kindheit, zwei Hefte erhalten geblieben, in welchen er aus Dankbarkeit, seinen Eltern zu Weihnachten und Neujahr Gedichte widmet. Zu der Zeit war er acht bzw. zwölf Jahre alt.
Der Weihnachtswunsch
1. Halleluja welch ein Glanz und Schein Dringt in die finstere Welt hinein Da Gottes Sohn, der gute Hirt, als Menschenkind geboren wird!
2. Wir feiern Heut das Weihnachtsfest Deinen Hirten, der sein Leben lässt. Und der einst dürftig klein und schwach Zu Betlehem im Kripplein lag
3. Es liegt so freundlich, hold und mild, Im armen Windeln eingehüllt O Kinderlein du bist so zart, Dein Lager aber schlecht und hart.
4. Doch Engeln schweben über Dir Und mit den Engeln jauchzen wir „Den Höchsten in der Höh sei Ehr Sein Fried und Wohlgefallen sich mehrt“
5. Durch dich o holdes Kinderlein Soll nun aus Gnaden selig sein Ein jeder Sünder, der dich liebt. Und sich im Glauben dir ergibt.
6. O große Freud! Halleluja! Du bringst das Himmelsreich uns nah, O segne meine Eltern reich Für Zeit und Ewigkeit zugleich. Amen.